Donnerstag, 10. Juni 2004
Nachdem wir nach dem
Mittagessen alles gepackt hatten, fuhren wir mit Bus + Zug zum Flughafen
Zürich. Wir checkten ein und warteten danach auf unser Flugzeug der Lufthansa,
welches uns vorerst bis Berlin bringt. Pünktlich hoben wir in Zürich bei knapp
30°C ab und erreichten nach etwas mehr als einer Stunde den Flughafen Berlin
Tegel. Hier setzten wir uns draussen auf eine Sitzbank (einen Transitbereich
mit entsprechenden Wartemöglichkeiten sucht man hier vergeblich...). Nach
einem Nachtessen mussten wir uns, nicht aber das Gepäck, neu einchecken, was
für die Damen am Schalter scheinbar recht kompliziert war. Da unser Flugzeug
der Charterfluggesellschaft „Hamburg International“ aus Sharm-el-Sheik ziemlich
Verspätung hatte, verzögerte sich auch unser Flug etwas. Der Sitzabstand in der
Maschine war ziemlich knapp die Länge meiner Oberschenkel, brachte ich diese
doch knapp dazwischen. Nach etwas mehr als drei Stunden waren wir dann endlich
im Landeanflug auf Keflavík, dem internationalen Flughafen Islands. Bei
Sonnenschein setzten wir kurz vor Mitternacht auf. Im sehr modernen
Flughafengebäude ging dann alles sehr schnell. Wir erhielten fast als erste
unser Gepäck und nachdem wir uns am Bancomaten mit Bargeld versorgt hatten,
wurden wir zu unserem Mietwagen geführt. Ein fast neuer bordeauxroter Toyota
RAV4, ein leichter Geländewagen wartete auf uns. Nachdem wir unser Gepäck
verstaut hatten, fuhren wir ins nächste Dorf, wo ich in der Jugendherberge ein
Zimmer reserviert hatte. Wir mussten erst auf den Mann an der Rezeption warten,
da dieser noch jemand am Flughafen abholte, bevor wir unser Zimmer beziehen
konnten.
Freitag, 11. Juni 2004
Nach einer nicht sehr langen Nacht frühstückten wir ausgiebig in der
Jugi und machten uns darauf auf den Weg, die Insel zu entdecken. Wir fuhren
nach Grindavík und darauf der Küste entlang in
Richtung Osten, wo man stellenweise eine sehr schöne Sicht auf den Atlantik
geniessen kann. Unterwegs musste unser Auto bereits einmal seine
Geländetauglichkeit an einem Berg auf der Schotterstrasse unter Beweis stellen.
In Hveragerði besichtigten wir mitten im Dorf die geothermalen Quellen, die die
Region mit heissem Wasser versorgen und in den zahlreichen Gewächshäusern
südländisches Gemüse und sogar tropische Früchte gedeihen lassen. Nachdem wir
Proviant für die nächsten Tage eingekauft hatten, fuhren wir weiter. In Hella
machten wir am Fluss Pjórsá unsere Mittagsrast. Nach dem Picknick legten wir
uns noch etwas in die Sonne und genossen den inzwischen wolkenlosen Himmel bei
knapp 20°C! Darauf übernahm Sibylle das Steuer und wir fuhren bis zum
Seljalandsfoss, einem Wasserfall, der schon von weitem zu sehen war. Einen
möglichen Spaziergang hinter dem Wasserfall hindurch liessen wir bleiben, da
wir bei diesem schönen Wetter die Regenjacke verstaut lassen wollten. Unser nächstes Ziel war der
Skógafoss, der noch mächtiger war. Da stiegen wir auch hinauf und schauten von
oben wie das Wasser hinunterfiel. Später fuhren wir weiter, vorbei am Kap
Dyrhóley mit dem bekannten Felsentor, welches leider wegen der Brutzeit der
Vögel gesperrt war. In Vík fuhren wir zur Jugi, wo bereits mein Name an unserer
Zimmertür notiert war. Wir kochten uns Znacht und machten abends noch einen
Spaziergang zur Kirche und zum Strand, der wegen seines schwarzen Sandes für
uns ziemlich speziell war.
Samstag, 12. Juni 2004
Leider hatte uns das schöne Wetter über Nacht verlassen und am
Morgen war es feucht draussen. Unser heutiges
Ziel war ein Ausflug nach Landmannalaugar im
Landesinneren. In Ásar verliessen wir die Ringstrasse und folgten der
geschotterten Strasse F208. Später wurde es dann eine richtige Offroad-Piste
mit vielen Steinen und zum Teil über blanken Fels. Plötzlich standen wir vor
einem Bach, den wir zu durchqueren hatten. Ich legte den ersten Gang ein,
schaltete die Scheibenwischer an und so ging
es problemlos durch die erste Furt. Die Gegend wurde immer einsamer und das
Wetter immer schlechter. Es regnete leicht und zum Teil hatten wir dichten
Nebel. Nach vielen Hügeln, mehreren durchquerten Bächen und langer Fahrt
erreichten wir Landmannalaugar. Trotz dem Wetter konnten wir die farbigen
Rhyolithberge sehen. Von heissen Quellen fliesst ein Bach, worin man an einer Stelle baden kann. Dies
liess ich mir trotz der nur etwa sieben Grad warmen Luft nicht nehmen. Je
nachdem wo ich mich im Bach hinsetzte, war das Wasser heisser oder kühler. Auf
der Rückfahrt setzte dann Dauerregen ein, doch Sibylle meisterte die Piste mit
den Furten bravourös. Beim zweiten Teil übernahm ich dann wieder das Steuer und
nach etwas mehr als zwei Stunden erreichten wir mit der Ringstrasse wieder
asphaltierten Untergrund. Unser Ziel war die Jugi Hvoll nach
Kirkjubæjarklaustur. Das Wetter besserte sich erst wieder als wir schon beim
Znacht in der Küche der Jugi sassen.
Sonntag, 13. Juni 2004
Auf unserem heutigen Abschnitt besichtigten wir erst die
kleinste Grassodenkirche
Islands in Núpsstaður. Die mit Gras gedeckte Kirche
aus dem 17. Jahrhundert ist mit 6 x 2,5m winzig und soll 35 Menschen Platz
bieten, wobei ich dies sehr bezweifle, da der kleine Raum mit zehn Personen
schon ziemlich voll ist. Später fuhren wir in den Skaftafell Nationalpark, wo
wir eine kleine Wanderung zum Wasserfall „Svartifoss“ unternahmen. Dieser ist
ganz umrahmt durch viele Basaltsäulen. Leider hat es
inzwischen zu regnen begonnen, so dass wir auf einen längeren Aufenthalt
verzichteten. Beim Parkplatz angekommen schien dann selbstverständlich die Sonne
wieder. Unser nächstes Ziel war dann die Gletscherlagune Jökulsarlón, worin
dutzende vom Gletscher gelöste Eisberge schwammen. Schon auf der ganzen
heutigen Fahrt haben wir immer wieder verschiedene Zungen des Vatnajökull
gesehen. Jetzt präsentierten sich die Eiskolosse in allen Grössen und von
kitschigem hellblau bis schwarz. Hier wurde auch eine Sequenz für den letzten
James Bond-Film gedreht. Während sich ab und zu wieder ein Eisberg drehte oder
zerbrach, tauchte plötzlich vor uns eine Robbe aus dem Wasser auf. Doch kurz
darauf war sie auch schon wieder verschwunden. Ein plötzlich aufkommender
starker Wind, der auch Sand von den benachbarten Flussdeltas und dem Strand mit
sich trug, veranlasste uns nach dem Zmittag zur Weiterfahrt. In Höfn versorgten
wir uns mit ein paar weiteren Esswaren sowie das Auto mit Benzin und fuhren
weiter über einen Pass mit prächtiger Aussicht. Hier war es leider (u.a. wegen
dem Sand in der Luft) sehr dunstig und man konnte nur knapp bis Höfn sehen. In
der Jugi Staffafell bezogen wir ein Zimmer. Nachdem die Jugi von aussen eher
heruntergekommen aussah (zwei Autos kamen und fuhren ohne den Motor
abzuschalten gleich weiter...), war sie innen ganz neu renoviert und sehr
gemütlich. Auf der windschattigen Seite legten wir uns noch etwas ins Gras an
die Sonne, bevor wir uns Znacht kochten. Während dem Essen war dann die Ruhe
plötzlich vorbei und mit einer Gruppe kehrte plötzlich Leben ins Haus zurück,
wo wir vorher alleine waren.
Montag, 14. Juni 2004
Nach einer ruhigen Nacht ging am Morgen das „Gschtürm“ der Gruppe
wieder los. Als die vielen Leute nach dem Frühstück endlich packten, wagten wir uns
auch in die Küche. Anschliessend fuhren wir weiter entlang der Ringstrasse Nr. 1, die auf
diesem Abschnitt bei schönstem Wetter direkt der Küste entlang führt. Hier
beginnen die ersten Ostfjorde. Unterwegs machten wir mehrere Pausen und
genossen das Panorama mit den Bergen und dem blauen Meer. Auf der Fahrt dem
Berufjord entlang wurden wir von einem Zürcher Audi in rasanter Fahrt überholt.
Am Ende des Fjordes schauten wir uns noch einen Wasserfall an und bogen dann ab
über eine steile, kurvenreiche Schotterpiste, die über einen Pass führte und
mit „Öxi-Piste“ in unserer Reiseliteratur vermerkt ist. Unser nächstes Ziel war
Egilsstaðir, wo wir einkauften. Unter anderem schaffte ich mir eine neue
Badehose an, da meine aus unbekannten Gründen zu
Hause geblieben war...
Nachdem wir an der Tankstelle eine riesige Glace gegessen hatten, fuhren wir über einen weiteren Pass nach Seyðisfjörður in die Jugi. Da am gleichnamigen Fjord eine Heringsverarbeitungsfabrik ansässig ist, verbreitete sich ein typischer Geruch im Tal, der nicht gerade auf Sibylles Wohlwollen traf. Wir spazierten etwas im Dorf herum und trafen dabei wieder auf den Zürcher Audi. Als wir dann in der Jugi am Kochen waren, kam plötzlich ein junges Pärchen aus Zürich. In der Folge tauschten wir unsere Reiseerlebnisse aus und plauderten über Gott und die Welt. Da es ja nicht dunkel wurde, merkten wir gar nicht, dass die Zeit schon ziemlich stark fortgeschritten war. So verabschiedeten wir uns von Fanny und Urs und schlüpften in unsere Schlafsäcke.
Dienstag, 15. Juni 2004
Bereits am frühen Morgen zwischen vier und fünf Uhr schien die
Sonne über den Fjord in unser Zimmer.
Die dichten Regenwolken vom Vorabend waren alle verschwunden und kein Wölkchen
war übriggeblieben. Wir fuhren zurück nach Egilsstaðir, tankten auf und folgten
der Ringstrasse Richtung Norden. Unterwegs
hatte diese Strasse eine neue Linienführung erhalten und wurde durch ein
anderes Gebiet gebaut. Wir folgten jedoch der alten Route, da diese
spektakulärer sein soll. Die Schotterpiste führte durch menschenleere
Hochland-Gebiete, teilweise mit starken Steigungen und ziemlich grobem Geröll
auf der Fahrbahn. Beim Fluss Jökulsá á Fjöllum assen wir unser Picknick. Einige Kilometer
weiter wäre uns der Appetit vergangen, da ein ziemlich penetranter
Schwefelgeruch in der Luft lag. Im Gebiet Námaskarð blubbern verschiedenste
heisse Schlamm- und Wasserlöcher und an vielen Orten dampft es zum Teil sehr
stark und laut aus dem Boden. Ich stieg noch auf den Hügel Námafjall, von wo
man eine herrliche Rundsicht über den Myvatnsee und die umliegende zum Teil
noch äusserst aktive Vulkanregion geniessen kann. Bei der Touristinfo in Reykjahlið organisierte eine Frau uns eine
Schlafsackunterkunft in einem Guesthouse. Zu einem günstigeren Preis als in der
Jugi erhielten wir bei einer älteren Frau in deren Privathaus ein sehr schönes
Doppelzimmer. Etwas südliche vom Dorf besichtigten wir darauf im Gebiet „Dimmuborgir“ die bis vierzig
Meter hohen Gesteinsformationen aus erkaltetem Lava. Die imposanteste Formation
war die „Kirkja“, ein Fels mit einer riesigen Höhle, die vom Eingang und der
Grösse her einer Kirche ähnelt. Nach einem einstündigen Rundgang fuhren wir nach Höfði, wo
Lavasäulen aus dem Myvatnsee emporstehen. Die Millionen von Mücken (die aber
nicht stechen) schwirren zeitweise sehr lästig um den Kopf, dass man um jeden
Windstoss froh ist. Zurück bei unserer Unterkunft packten wir unsere Badesachen
und spazierten zum Schwimmbad, wo neben einem geheizten Pool auch zwei „heisse
Töpfe“ (Hot Pots) waren. Nach dem wohltuenden Bad kochten wir uns im Haus der
Frau unser Znacht. Abends erhielt ich dann von unserem Bekannten Thomas Lehmann
aus Berlin ein SMS, dass sie uns während unserer langen Wartezeit in Berlin auf
der Rückreise abholen und wir gemeinsam etwas unternehmen bzw. essen gehen
können!
Mittwoch, 16. Juni 2004
Nach dem Zmorge verliessen wir unsere bisher nobelste Unterkunft
und merkten nicht, dass wir noch ein paar Sachen im Kühlschrank liegen liessen.
Aber es waren nur noch zwei Joghurts, eine Sauce und etwas Käse. Im Ort
Reykjahlið schauten wir uns noch den alten Lavastrom an, der genau vor der Kirche stoppte
und das Gotteshaus vor der Zerstörung bewahrte. Darauf fuhren wir weiter nach
Húsavík, wo wir für den Nachmittag eine Walbeobachtungsfahrt gebucht hatten.
Die restliche Zeit spazierten wir etwas im Ort umher und verpflegten uns an
einer Tankstelle mit einem Hamburger. Da das Wetter heute trüb war und es
zwischendurch auch ein wenig regnete zogen wir uns für die Fahrt aufs offene
Meer bei ca. 6-8°C sehr warm an. Nach ein Uhr stiegen wir auf den umgebauten
Fischkutter und sicherten uns gleich den Platz ganz an der Bugspitze des
Schiffes. Der Wind auf der Fahrt war auch ziemlich stark und kühl, so dass wir
auch eine Mütze und Handschuhe anzogen. Die Speakerin erzählte uns, dass seit
letzten Samstag Blauwale in der Bucht sind. Diese Tiere sind mit bis dreissig
Metern Länge die grössten Lebewesen der Welt. Die Sprecherin fuhr fort, dass
sie seit vier Jahren diesen Job habe und aber auch am letzten Samstag zum
ersten Mal in ihrem Leben einen Blauwal gesehen hatte! Plötzlich erwachte eine
Hektik unter den Leuten, da die Frau im Ausguck eine Wasserfontäne gesichtet
hatte. Das Boot änderte schnell die Fahrrichtung und näherte sich dieser
Stelle. Plötzlich tauchte der Wal wieder auf und man konnte seinen langen
Rücken und am Schluss die Schwanzflosse sehen. Wenn das Tier wieder abtauchte
waren alle gespannt, wo es wieder auftauchen würde. Einige Male waren wir ganz
nahe. Zum Schluss hob der Wal ganz in der Nähe auch seine Schwanzflosse schön
aus dem Wasser (was er nur selten tat!). Dabei gerieten die meisten Passagiere
in eine gemeinsame Ekstase, was sich in Rufen und Schreien (oder besser
„Göisse) bemerkbar machte, nur hatte ich leider zu diesem Zeitpunkt bereits
meinen Film im Fotoapparat gefüllt. Leider war dies dann der einzige Wal und
wir kehrten um zum Hafen. Nach rund dreieinhalb Stunden standen wir wieder auf
festem Boden. Auf unserem weiteren Weg besichtigten wir unterwegs noch den
grossen Wasserfall „Godafoss“. Schliesslich erreichten wir Akureyri, wo ich
(weil die Jugi bereits besetzt war) ein Guesthouse reserviert hatte. Nach kurzem
Suchen fand ich das Haus ganz in der Nähe des Zentrums. Um unsere hungrigen
Mägen zu beruhigen, kochten wir zügig. Da das Wetter heute Abend ziemlich
regnerisch war, verschoben wir unseren Stadtbummel auf den nächsten Morgen.
Donnerstag, 17. Juni 2004
Nachdem wir unsere Sachen ins Auto gepackt hatten, bummelten wir
in Akureyri noch etwas durch die Stadt. Doch wegen der vielen Wolken und des
stürmischen kalten Windes
entschlossen wir uns weiter zu fahren. Wegen des heutigen Isländischen
Nationalfeiertages waren ausser den Restaurants und den Touristenshops
sämtliche Geschäfte geschlossen. Unsere Route führte uns nach Westen über die
Berge. Die Wolken wurden allmählich weniger, der kalte Wind blieb aber
beständig. In Glaumbær besichtigten wir einen alten Bauernhof, dessen
Seitenwände mit Torf hergestellt wurden und die Dächer mit Gras-Soden gedeckt
worden sind. Es war interessant zu sehen wie ein solcher Hof gebaut worden ist.
Auf der Weiterfahrt schauten wir uns auch noch kurz die mit Gras gedeckte
Kirche in Vídimýri an. Am Nachmittag fuhren wir zur Jugi Ósar. Nach dem Bezug des Zimmers
spazierten wir hinunter an den Strand, wo eine Seehundekolonie ansässig ist.
Obwohl einige Vögel wegen der Brutzeit ziemlich aggressiv waren, konnten wir in
Ruhe die Seehunde beobachten. Etwas weiter vorne steht ein senkrechter Fels im
Wasser, worauf viele Vögel nisten. Im
Windschutz eines alten ehemaligen Häuschens genossen wir die nun scheinende
Sonne. Inzwischen waren nur noch einzelne Wölkchen an den Bergen rund um den
Húnafjörður hängen geblieben. Die Chance stand also gut, dass wir heute die
Mitternachtssonne über dem Meer sehen würden.
Gegen zwanzig Minuten vor zwölf Uhr weckte ich dann Sibylle und da die Sonne nicht ganz bis zum Haus reichte, fuhren wir ein paar Kilometer in Richtung Norden zum Ende der Halbinsel Vatnsnes. Dort hatten wir einen wunderbaren Blick übers Meer und die Bucht. Extra für uns war der gesamte Himmel wolkenfrei und die Berge in ein sanftes Rot getaucht. Obwohl die Sonne schien (aber natürlich nicht wärmte!), wurde uns bei nur 2°C und einem leichten Wind bald etwas kühl und wir entschieden uns für einen „Rückzug“ in die Jugi.
Freitag, 18. Juni 2004
Frisch verpflegt machten wir uns morgens auf nach
Blönduós, wo wir einkauften, auftankten und der Post einen Besuch abstatteten.
Dann machten wir uns auf zur Fahrt quer durch die Insel über die Hochlandpiste Kjölur. Den ersten Teil bis kurz vor Hveravellir war sehr gut zu befahren.
Lediglich am Schluss wurde die Piste etwas unwegsamer. In Hveravellir
besichtigten wir die heissen Quellen und Dampfsäulen des dortigen
Solfatarenfeldes. Nach einem Picknick fuhren
wir weiter durch die Steinwüste, vorbei an Gletschern und Seen in Richtung
Süden. Hier war die Piste doch ziemlich holperig und ein Vorankommen ohne ein
geländetaugliches (zumindest hohe Bodenfreiheit und Allradantrieb) wohl möglich
aber doch eher mühsam und zeitraubend. Viele Schlaglöcher und Felsbrocken auf
dem Weg brauchten meine ganze Aufmerksamkeit.
Nach insgesamt rund vier Stunden Fahrzeit auf der Hochlandpiste erreichten wir kurz vor dem Wasserfall Gullfoss wieder eine asphaltierte Strasse. Wir schauten den Wassermassen zu, wie sie über die Felsen in die Tiefe stürzten, wobei sich unsere Körper vom „Gerüttel“ erholten. Später fuhren wir etwas weiter und besichtigten den Geysir (der allerdings bei unserem Besuch keine grosse Aktivität zeigte) und seinem Nachbarn „Strokkur“. Dieser formte das Wasser aus seinem Schlund erst zu einer riesigen Blase, bis sich Wasser und Dampf in einer Fontäne zum Himmel entluden. Nach einigen beobachteten Schauspielen fuhren wir nach Laugarvatn in die Jugi. Auf deren Terrasse steht ein Hotpot, den wir sogleich füllten. Da hier das heisse (sowie natürlich auch das kalte) Wasser direkt aus den Wasserleitungen aus dem Boden kommt, haben die hiesigen Bewohner das Nass umsonst. Darauf entspannten wir uns bei einem heissen Bad fast eine Stunde und machten uns darauf hungrig ans Znacht kochen. Beim Essen plauderten wir dann mit einem Mann und dessen Tochter und dem Sohn aus Finnland, die ebenfalls eine Rundreise in Island unternehmen.
Samstag, 19. Juni 2004
Heute fuhren wir als erstes
nach Pingvellir, einem Ort wo Island zum ersten Mal seine Unabhängigkeit
beschlossen hatte. Gleichzeitig ist dieser Ort genau auf der Grenze zwischen
den beiden Kontinentalplatten von Amerika und Eurasien. Dies
wird einem deutlich anhand von drei langen Erdspalten, wobei deren zwei mit
Wasser gefüllt sind. Wir spazierten ein wenig durch das Gelände bevor wir in
Richtung Reykjavik weiterfuhren. Kurz vor der Stadt bogen wir ab auf einen
Feldweg ans Meer. Nach dem Furten eines letzten Baches picknickten wir auf
einem Bänkli zwischen dem Bach und einem Golfplatz mit Sicht aufs Meer. Als wir
satt waren, fuhren wir zur Jugi der Isländischen Hauptstadt. Da wir unser
Zimmer in der Jugi noch nicht beziehen konnten, machten wir uns erst auf, um
meine Cousine Simone, die hier am Schluss ihres Austauschjahres ist, zu
besuchen. Sie hatte sich bereits an der Rezeption der Jugi nach uns erkundigt.
Da sie nur etwa 200 Meter von der Jugendherberge entfernt wohnt, war dies für
uns natürlich sehr bequem. Wir fanden die Adresse dann auch innerhalb kürzester
Zeit. Simone wartete schon auf uns und wir begrüssten uns herzhaft. Sie stellte
uns die anwesenden Familienmitglieder vor und zeigte uns einen Teil des Hauses,
welches früher die
Post war und einst im Zentrum
der Stadt stand. Da Simone seit längerer Zeit nur Englisch und vor allem
Isländisch gehört und gesprochen hat, fiel sie immer wieder ins Isländisch und
hatte sehr Mühe mit dem Schweizerdeutsch. Sie suchte immer wieder nach Wörtern
und hatte einen ganz speziellen Akzent. Wir gingen dann zurück in die Jugi und
trugen alles unser Gepäck ins Zimmer. Etwas später kam dann Simone und wir
fuhren ins Zentrum, wo wir von ihr eine kleine Stadtführung erhielten. Unter
anderem schauten wir uns im Rathaus ein riesiges Relief von Island an.
Natürlich hatte sie uns und wir auch ihr viel zu erzählen. Nachdem wir uns
erfrischt hatten, waren wir bei Simones Gastfamilie zum Nachtessen eingeladen.
Es gab ein typisches isländisches Znacht: Hammelkeule mit Salat und Teigwaren.
Der Salat wird in diesem Haushalt auch erst seit Simones Ankunft wahlweise mit
Salatsauce serviert, vorher assen sie ihn „lödig“. Nach dem Hauptgang gab es
noch Snacks; Trockenfisch mit getrockneten Algen. Nachdem wir uns schon die
Hammelkeule nicht gerade gewöhnt sind, waren die Snacks, die sie hier wie
Pommes Chips essen, doch eher gewöhnungsbedürftig.
Sonntag, 20. Juni 2004
Nach dem Aufstehen packten wir alle unsere Sachen in die Koffer
und frühstückten danach. Später fuhren wir wieder ins Zentrum und spazierten
zum Reservoir der Stadt. In Perlan stiegen wir auf das riesige futuristische
Gebäude und genossen den Blick auf die Stadt. Wieder
zurück verpflegten wir uns mit einem
Stück Pizza und schauten dem Treiben auf einem Platz im Zentrum zu. Um zwei Uhr
hatten wir uns nochmals mit Simone verabredet und wir spazierten noch etwas
durch den ältesten Stadtteil, bevor wir in einem Kaffeehaus einkehrten. Nach
einem Schwatz verabschiedeten wir uns und gaben Simone noch unsere restlichen
Lebensmittel mit und packten von ihr auch schon ein paar Sachen in den Koffer,
da auch sie nur 20 Kilogramm Freigepäck nach Hause
nehmen kann. Wir fuhren dann zur „Blauen Lagune“, einem grossen Thermalbad, wo
man im milchig-blau-weissen „Abwasser“ des örtlichen geothermischen Kraftwerkes
baden kann. Der weisse Mineralienschlamm, den man sich einreiben kann, soll
auch sehr gesund sein. Im warmen Wasser genossen wir noch knapp
drei Stunden Sonnenschein. Erholt und erfrischt machten wir uns dann auf in
Richtung Flughafen Keflavík. Unterwegs tankten wir noch unseren Mietwagen auf
und wuschen den gröbsten Schmutz weg. Nachdem auch wir uns noch verpflegt
hatten, fuhren wir ein letztes Stück und parkierten unser Auto beim Flughafen.
Wir gaben als erstes unser Gepäck auf. Auch hier dauerte dies wegen unserer
Umsteigeverbindung eine ganze Weile und dummerweise vergass ich mein
Taschenmesser in den Koffer zu packen. Die hilfsbereiten Damen am Check-In
verpackten mein Sackmesser aber in eine Kartonschachtel und es darf nun als
spezielles Gepäckstück nach Zürich fliegen! Den Rest des Abends verbrachten wir
mit Warten und ein bisschen Dösen.
Montag, 21. Juni 2004
Etwas früher als geplant starteten wir schon kurz nach ein Uhr
früh in Richtung Berlin. Nochmals konnten wir von oben einen Teil der Insel
sehen. Da ich diesmal die Plätze beim Notausgang reserviert hatte, genoss ich
eine sagenhafte Beinfreiheit von mehr als einem Meter, was den Flug sehr
angenehm machte. Im Anflug auf Berlin wurde uns mitgeteilt, dass die Pilotin
(die die Maschine im übrigen bereits auf dem Hinflug gesteuert hatte) heute
ihren Prüfungsflug zur Beförderung als Kapitän mit Erfolg bestanden hatte. Am
Flughafen Berlin Tegel wurden wir dann von Thomas und Wolfgang Lehmann
abgeholt, die sich diesen Tag extra freigenommen hatten. Wir hatten uns schon
lange nicht mehr gesehen, weshalb es uns natürlich an Gesprächsstoff nicht mangelte.
Zuerst machten wir eine „kleine“ Stadtrundfahrt durch die Metropole Berlin.
Seit meinem letzten Aufenthalt in der Stadt hat sich einiges verändert und wir
besichtigten unter anderem die neuen Gebäude am Potsdamer Platz. Hier haben
sich verschiedene Architekten ein Denkmal verschaffen und doch scheint die
Atmosphäre hier irgendwie gemütlich. Später fuhren wir dann zu Lehmanns
Gartenhaus nach Neuköln, wo wir ausgiebig frühstückten. Die „Laube“ war mir
dann wieder wohlbekannt, da wir ja schon öfters hier waren. Gegen Mittag
führten sie uns dann zurück zum Flughafen, wo wir uns für die Tour bedankten
und uns verabschiedeten. Wir checkten wieder ein und pünktlich konnten wir zu
unserem Flugzeug nach Zürich gelangen. Nach ca. einer halben Stunde wurde dann über
Lautsprecher mitgeteilt, dass sie einen technischen Defekt in der Elektronik
hätten und wir nun nach München fliegen werden. Gerade erfreut waren wir nicht
über diese Tatsache, aber ändern konnten wir dies ja auch nicht. In München
wurden wir von einem Bus abgeholt und zum Terminal gebracht. Ohne über unsere
Weiterreisemöglichkeiten informiert zu werden, wurden wir zum Service-Schalter
der Lufthansa gebracht. Wir wurden auf den nächsten Flug nach Zürich gebucht
und hatten ca. eine Stunde zu warten. Als dann die Meldung kam, dass auch
dieser Flug infolge technischen Problemen ca. eine Stunde verspätet sein wird,
fragte ich am Schalter an, ob wir nicht etwas zu Trinken offeriert bekämen. Die
Damen am Gate wiesen uns wieder zum Service-Schalter. Auch dort waren sie nicht
zuständig und sagten uns, dass sie nichts dafür könnten, dass wir mit einem
defekten Flugzeug fliegen würden! Die Anfrage mehrer Passagiere nach Getränken
wurden mit den Worten „Sie bekommen nichts – sie müssen jetzt hier warten!“
sehr unfreundlich und arrogant beantwortet. Nach zwei Stunden stiegen wir
wieder in den Bus und wurden zu einer Maschine auf dem Rollfeld geführt. Hier
war jedoch keinerlei Personal zu sehen, was der Chauffeur über Funk
weitermeldete (Originalton: „Hier ist ja kein Schwein!“). Man führte uns dann
zu einem anderen Flugzeug, wo wir dann glücklicherweise endlich einsteigen
konnten. Die 35-minütigen Flug nach Zürich verlief dann wieder problemlos. In
Zürich warteten wir dann schliesslich vergeblich auf einen Koffer (welcher uns
schliesslich zwei Tage später nach Hause gebracht wurde), so dass ich beim
Fundbüro eine Meldung machen musste. Trotzdem waren wir froh, endlich
angekommen zu sein und Sibylles Bruder Märk führte uns schliesslich nach Hause.
Trotz diesen Unannehmlichkeiten auf dem Heimweg hatten wir eine sehr schöne
Reise in Island erlebt.
© Bericht & Fotos: Philipp Burger – 2004